Blogbeitrag
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15.07.2025
Warum geplante Änderungen im Luftverkehrsgesetz für Verunsicherung in der Windenergiebranche sorgen
Ein kürzlich vorgelegter Referentenentwurf sorgt in der Windenergiebranche derzeit für Unsicherheit. Es geht um das geplante Bundeswehr-Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz (BwPBBG), mit dem die Bundesregierung Planungen und Beschaffungen für die Bundeswehr erleichtern und beschleunigen will. Allerdings könnten die beabsichtigten Änderungen im Luftverkehrsgesetz gravierende Folgen für Windenergievorhaben – insbesondere für das Repowering – haben.
So sieht der Referentenentwurf vor, bestehende Schutzbereiche deutlich auszuweiten: Künftig sollen nicht mehr nur Flugsicherungseinrichtungen, sondern auch stationäre militärische Einrichtungen zur Luftverteidigung (das sind im Wesentlichen Luftverteidigungsradare) durch ein Bauverbot nach dem Luftverkehrsgesetz (§ 18a LuftVG) geschützt werden. Dieses Verbot soll bereits dann greifen, wenn die Einrichtungen gestört werden können – eine unbestimmte Formulierung, die der Bundeswehr einen sehr weiten Einschätzungsspielraum eröffnet. Etwaige Gutachten sind ausdrücklich nicht mehr vorgesehen.
Bisher werden militärische Luftverteidigungsradare über das Baugesetzbuch (§ 35 Abs. 3 Nr. 8 BauGB) als öffentlicher Belang geschützt. Im Genehmigungsverfahren werden sie daher nachvollziehbar im Einzelfall überprüft, wobei das letzte Wort die Genehmigungsbehörde hat. Die Praxis sieht allerdings schon heute so aus, dass die Bundeswehr schon jetzt jenseits der bestehenden, starren Schutzbereiche nach dem Schutzbereichsgesetz im Radius vom 50 km um die Radaranlage zur Luftverteidigung prüfen will. Tritt das geplante Gesetz so in Kraft könnte sie künftig auch diesen erweiterten Bereich zum starren Schutzbereich ausbauen. Zudem hätte die Bundeswehr nach dem § 18a LuftVG ein faktisches Veto-Recht: Ihre negative Stellungnahme wäre nach überwiegender Rechtsmeinung bindend. Die Behörde müsste den Antrag ablehnen. Rechtschutz wäre nur indirekt und mit erheblicher Verzögerung möglich.
Welche Flächen künftig betroffen sein könnten, bleibt bislang unklar und letztlich der Einschätzung der Bundeswehr überlassen. Betreiber und Entwickler von Windenergieprojekten hätten das Nachsehen: Ihre Investitionsentscheidungen wären noch schwerer zu kalkulieren.
Hinzu kommt, dass die Bundeswehr künftig militärische Flugplätze ohne reguläre Genehmigungsverfahren anlegen oder ändern können soll, wenn sie dies für Zwecke der Landes- und Bündnisverteidigung für erforderlich hält. Eine externe Überprüfung dieser Entscheidung ist nicht vorgesehen; die Gründe müssen lediglich intern dokumentiert werden. Wo bislang ein – wenn auch komplexer – Abwägungsprozess mit allen Akteuren stattfand, könnten künftig wenige interne Entscheidungen der Bundeswehr ausreichen, um ganze Projekte auszubremsen.
Für die Windenergiebranche steht dieser Kurswechsel in deutlichem Widerspruch zu den energiepolitischen Zielen: Während der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden soll, könnten durch diesen „Blauschein“ für die Bundeswehr künftig große Flächen für Windenergie faktisch blockiert werden.
Allerdings ist der Konflikt nicht ganz neu: Bereits 2023 war ein ähnlicher Versuch, Radaranlagen der Luftverteidigung in das materielle Bauverbot aufzunehmen, nach intensiver Debatte im Bundestag gescheitert. Eine daraufhin beauftragte Studie liegt bis heute nicht vor.
Die Windenergiebranche drängt nun darauf, dass der Entwurf überarbeitet wird. In jedem Fall sollten umfassende Ausnahmeregelungen für das Repowering sowie für Windenergie- und Beschleunigungsgebiete vorgesehen werden. Andernfalls könnten auch seit Jahren anerkannte Windenergiestandorte und die aktuelle Positivplanung an vielen Orten beeinträchtigt werden.
Grundsätzlich sollten militärische Belange und Energiesicherheit nicht künstlich gegeneinander ausgespielt werden. Als Vorbild könnte hier das bayerische Bundeswehrgesetz dienen: Für die Landesplanung genießen beide Belange überragendes öffentliches Interesse und sind gleichrangig gestellt.
Ob die geplanten Regelungen tatsächlich so verabschiedet werden, bleibt abzuwarten. Der Entwurf steht erst am Anfang des Gesetzgebungsverfahrens. Das Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit war bisher nicht federführend beteiligt.
Meine Empfehlung
- Für Vorhabenträger wird es angesichts der geplanten Rechtslage noch wichtiger, sich frühzeitig mit möglichen luftverteidigungsrelevanten Belangen auseinanderzusetzen.
- Es empfiehlt sich, schon in einer frühen Projektphase Kontakt zu den zuständigen Stellen aufzunehmen, um mögliche Konflikte zu identifizieren und zu bewerten
Der Kopf hinter dem Beitrag.
Michael Liesegang beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit rechtlichen Fragen im Bereich der Erneuerbaren Energien sowie des Umwelt- und Planungsrechts. Hier berät und vertritt er Energieversorgungsunternehmen und Anlagenbetreiber ebenso wie Gemeinden und Ämter bei der Raumordnungs- und Flächennutzungsplanung, bei der Anlagenzulassung und im rechtlichen Projektmanagement.