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Das Bild zeigt ein Panorama von Solarmodulen eines Solarparks als Freiflächenanlage inmitten von Windrädern zwischen landwirtschaftlichen Feldern Blogbeitrag von Dombert Rechtsanwälte Frau Josefine Wilke mit dem Titel 'Worauf bei Nutzungsverträgen für Windenergie- und Freiflächen-Photovoltaikanlagen zu achten ist'

Damoklesschwert Schriftformerfordernis – Worauf bei Nutzungsverträgen für Windenergie- und Freiflächen-Photovoltaikanlagen zu achten ist

Mit dem Abschluss eines Nutzungsvertrags wird der Grundstein für ein Windenergie- oder Freiflächen-Photovoltaikprojekt gelegt. Die benötigten Grundstücke sollen möglichst langfristig gesichert werden, damit die Betriebsdauer einer Anlage ausgeschöpft wird und sich die Investition rentiert. Aus diesem Grund werden in Nutzungsverträgen regelmäßig eine feste Laufzeit vereinbart und eine ordentliche Kündigung vor Ende dieser Laufzeit ausgeschlossen.
Damit die Kombination aus vereinbarter Laufzeit und Ausschluss der ordentlichen Kündigung voll wirksam wird, ist ein besonderes Augenmerk auf die Einhaltung der Schriftform zu legen. Das Schriftformerfordernis entstammt dem Mietrecht (§ 550 BGB) und besagt, dass ein Mietvertrag, der länger als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen wird, für unbestimmte Zeit gilt und damit ordentlich gekündigt werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei Nutzungsverträgen über die Errichtung und den Betrieb von Windenergie- und Freiflächen-Photovoltaikanlagen um gewerbliche Mietverträge (Az.: XII ZR 129/16 vom 07.03.2018). Daher muss das Schriftformerfordernis beachtet werden. Wird dagegen verstoßen, kann der Grundstückseigentümer den Nutzungsvertrag ungeachtet der vereinbarten Laufzeit innerhalb der ordentlichen Kündigungsfrist kündigen – also spätestens am dritten Werktag eines Quartals zum Quartalsende (vgl. § 580a BGB). Eine solche Kündigung kann demnach ein eigentlich erfolgreiches Projekt weit vor dem geplanten Ende zum Scheitern bringen.

Um dies zu verhindern, ist von Beginn an Sorgfalt gefragt – sowohl beim Abschluss als auch bei der Ausgestaltung des Nutzungsvertrags. Für die Wahrung des Schriftformerfordernisses kommt es zum einen darauf an, dass der Nutzungsvertrag von beiden Parteien eigenhändig unterzeichnet wird. Dabei werden im besten Fall alle Seiten des Nutzungsvertrags miteinander verbunden, zumindest aber müssen die Seiten ordnungsgemäß paginiert und die Regelungen fortlaufend nummeriert werden. Darüber hinaus müssen alle wesentlichen Vertragsbedingungen, insbesondere die Parteien, der Vertragsgegenstand, das Nutzungsentgelt und die Laufzeit des Nutzungsvertrags vollständig und unmissverständlich geregelt werden. Dabei treten häufig Fehler auf. So kommt es immer wieder vor, dass in einem Windenergie-Nutzungsvertrag vereinbart wird, dass der Grundstückseigentümer ein jährliches Mindestnutzungsentgelt je errichteter Windenergieanlage erhält. Aus dem Nutzungsvertrag und dem Lageplan ergibt sich aber weder, welche Fläche genau zum Windpark gehört noch aus wie vielen Anlagen dieser besteht.

Ein ähnliches Problem taucht häufig bei Nutzungsverträgen für Freiflächen-Photovoltaikanlagen auf, wenn diese auf Grundstücken verschiedener Eigentümer errichtet werden und sich die Höhe der Nutzungsentgelte für die Eigentümer nach ihrer Grundstücksfläche richtet. Im Nutzungsvertrag oder in einem beigefügten Lageplan muss dann genau festgehalten werden, wie groß die gesamte Fläche und der Anteil des jeweiligen Grundstücks an dieser Fläche ist.

Sind die genaue Anzahl der Windenergieanlagen im Windpark oder die Größe der Freiflächen-Photovoltaikanlage zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht bekannt, sollte im Nutzungsvertrag darauf hingewiesen und ein Nachtrag zur Vereinbarung dieser Parameter vorgesehen werden. Sobald die finale Planung feststeht, sollte der Nachtrag ebenfalls unter Wahrung des Schriftformerfordernisses geschlossen werden. Dabei sollte eindeutig auf den bestehenden Nutzungsvertrag Bezug genommen werden. Zudem sollte darauf geachtet werden, dass durch die nachträglichen Ergänzungen keine Widersprüche zu den bisherigen Regelungen im Nutzungsvertrag entstehen.

Insbesondere ältere Nutzungsverträge werden den strengen Anforderungen des Schriftformerfordernisses nicht immer gerecht. Die in der Vergangenheit in Nutzungsverträgen gerne verwendeten Schriftformheilungsklauseln können dieses Problem aber nicht lösen. Der Bundesgerichtshof hat schon vor einiger Zeit entschieden, dass Klauseln unwirksam sind, die die Parteien verpflichten, Schriftformmängel zu heilen und den Nutzungsvertrag nicht unter Berufung auf die fehlende Schriftform ordentlich zu kündigen (Az.: XII ZR 114/16 vom 27.09.2017). Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Kündigung im Einzelfall rechtsmissbräuchlich wäre. Um dies begründen zu können, müssen allerdings besondere Umstände vorliegen. Der Bundesgerichtshof setzt etwa voraus, dass eine Partei von der anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten wurde oder im Fall der erfolgreichen Kündigung die Existenz der anderen Partei bedroht wäre.

 

Meine Empfehlungen:

  • Um eine ordentliche Kündigung wegen Schriftformmängeln zu vermeiden, bedarf es einer sorgfältigen Vertragsgestaltung. Ältere Nutzungsverträge sollten regelmäßig auf die Einhaltung der Schriftform geprüft werden.
  • Werden Schriftformmängel entdeckt, sollten diese rechtzeitig durch einen schriftlichen Nachtrag geheilt werden, um eine vorzeitige Beendigung eines Projekts zu verhindern.
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