Gericht ebnet den Weg für Beschleunigungsturbo bei vereinfachten Änderungsgenehmigungen 

Michael Liesegang

Blogbeitrag

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06.05.2025

Mit der Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes 2024 hatte der Gesetzgeber vor allem ein Ziel verfolgt:  den Ausbau der Windenergie voranzutreiben. Die Genehmigungsverfahren sollen schneller und einfacher werden. Insbesondere bei Änderungen von bereits genehmigten, aber noch nicht errichteten Windenergieanlagen wurde ein neues Verfahren vorgesehen, das deutlich weniger Prüfungen vorsieht, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen.  

 

Die Verwaltungspraxis im Land Brandenburg sah bislang allerdings anders aus: Das Ministerium für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz verlangte nach wie vor, dass andere Fachbehörden ihre Zustimmung erteilen müssen. Diese Praxis hat das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg nun in zwei Urteilen gekippt und wesentliche Klarstellungen zum neuen Verfahren der vereinfachten Änderungsgenehmigung getroffen (Az.: 7 A 47/24 und 7 A 51/24 vom 25.03.2025).

 

Im Mittelpunkt stand die Frage, ob bei geringfügigen Änderungen an genehmigten, aber noch nicht errichteten Windenergieanlagen erneut konzentrierte Genehmigungen nach § 13 BImSchG wie Baugenehmigungen eingeholt werden müssen und wie darüber hinaus mit nicht konzentrierten Zustimmungen, etwa nach Luftrecht, umzugehen ist.

 

Konzentrationswirkung der Ausgangsgenehmigung gilt fort

 

Das Gericht hat nun klargestellt, dass auch eine Änderungsgenehmigung zusammen mit der ursprünglichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung weiterhin die Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG entfaltet. Das bedeutet, dass die ursprünglichen Genehmigungen, zum Beispiel eine Baugenehmigung oder eine forstrechtliche Genehmigung auch für die geringfügig geänderte Anlage fortgelten. Entscheidend ist, dass die Änderungsgenehmigung mit der ursprünglichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verschmilzt und als einheitlicher Verwaltungsakt erhalten bleibt – trotz des reduzierten Prüfprogramms.

 

Für den Gesetzgeber steht die Beschleunigung der Vorhaben im Vordergrund. Dafür ist er bereit etwaige Rechtsverstöße oder geringfügige Abweichungen zu akzeptieren. So hat auch das OVG den Willen des Gesetzgebers interpretiert.

 

Keine erneute luftfahrtrechtliche Zustimmung erforderlich

 

Anders verhält es sich mit öffentlich-rechtlichen Zustimmungen, etwa die luftfahrtrechtliche Zustimmung gemäß § 14 Abs. 1 LuftVG. Diese unterfällt nicht der Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG, sondern richtet sich nach eigenem Fachrecht.

 

Hier hat  das OVG nun eine wichtige Klarstellung getroffen, die besonders relevant für die Praxis ist: Unter der Voraussetzung, dass sich die Gesamthöhe der Anlage nicht mehr als 20 Meter erhöht, ist eine luftfahrtrechtliche Zustimmung nicht notwendig. Die Zustimmung im Rahmen der ursprünglichen Genehmigung ist ausreichend.

 

Zur Begründung verweist das Gericht auf den Gesetzeswortlaut. Danach sind im vereinfachten Verfahren ausschließlich die Standortsicherheit der Anlage, schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche sowie nachteilige Auswirkungen durch Turbulenzen zu prüfen (§16b Abs. 8 BImSchG), luftfahrtrechtliche Belange werden nicht erwähnt.

 

Auch Prüfung auf Vorrat nicht zulässig

 

Das OVG hat mit seinen beiden Entscheidungen für mehr Rechtssicherheit gesorgt, in welchem Umfang Prüfungen im vereinfachten Änderungsverfahren vorzunehmen sind. Es lässt keinen Zweifel aufkommen, dass weder konzentrierte Genehmigungen noch außerhalb des Konzentrationsregimes stehende Zustimmungen – etwa nach Luftrecht – erneut eingeholt werden müssen. Damit wird das Verfahren endlich zu dem Instrument, als das es vom Gesetzgeber konzipiert wurde: ein klar konturiertes, beschleunigtes Änderungsverfahren mit eng begrenztem Prüfprogramm. Die gesetzlich intendierte Verfahrensvereinfachung kann so in der Praxis auch wirksam werden.

 

Vor diesem Hintergrund dürften auch die Versuche einzelner Behörden rechtswidrig sein, bereits bei der Zulässigkeitsprüfung im Ausgangsverfahren pauschal die beantragte Anlagenhöhe „um 20 Meter aufzustocken“, um späteren Änderungen vorzugreifen. So war zuletzt die Bundeswehr verfahren, wenn deren luftfahrtrechtliche Zustimmung erforderlich wurde – etwa aufgrund der Nähe zu Militärflughäfen. Solche Prüfungen auf Vorrat sind ein unzulässiger Umgehungsversuch und würden die Absicht des Gesetzgebers konterkarrieren.

 

Meine Empfehlung

  • Prüfprogramm begrenzen:
    Fordern Sie bei der Genehmigungsbehörde aktiv die Einhaltung des gesetzlich beschränkten Prüfrahmens ein und widersprechen Sie unzulässigen Prüfverlangen oder Behördenbeteiligungen
  • Keine „Vorratsreserven“ akzeptieren:
    Wehren Sie sich gegen pauschale Erhöhungen von Anlagendimensionen im Ausgangsantrag auf „Verdacht“ hin – das widerspricht dem gesetzlich vorgesehenen Verfahren und unterläuft die neue Regelung.
  • Fristenkontrolle für Fiktion:
    Überwachen Sie die Sechswochenfrist zur Fiktion nach § 16b Abs. 9 BImSchG. Auch eine fingierte Genehmigung aufgrund nicht rechtzeitiger behördlicher Entscheidung ist ohne erneute Zustimmung und Beteiligung wirksam.

Der Kopf hinter dem Beitrag.

Rechtsanwalt Michael Liesegang in der Kanzlei DOMBERT Rechtsanwaelte

Michael Liesegang beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit rechtlichen Fragen im Bereich der Erneuerbaren Energien sowie des Umwelt- und Planungsrechts. Hier berät und vertritt er Energieversorgungsunternehmen und Anlagenbetreiber ebenso wie Gemeinden und Ämter bei der Raumordnungs- und Flächennutzungsplanung, bei der Anlagenzulassung und im rechtlichen Projektmanagement.

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DOMBERT Rechtsanwälte

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