Was gibt es bei einem „Hybrid-Park“ mit Wind- und Freiflächen-Photovoltaikanlagen zu beachten?

Prof. Dr. Jan Thiele

Blogbeitrag

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30.04.2025

„Nachbarn sind die Prüfungsaufgaben, die uns das Leben stellt“, wusste bereits der französische Dramatiker Marcel Archand. Genau geprüft werden muss auch, wenn Windenergie- und Photovoltaikanlagen in unmittelbarer Nachbarschaft errichtet werden sollen. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Wege, Leitungen, Umspannwerke und Netzverknüpfungspunkt können gemeinsam genutzt werden. Das verringert Kosten und steigert die Wirtschaftlichkeit. Der geringere Flächenverbrauch sorgt zudem für mehr Akzeptanz. 

 

Planungsrechtlich ist es allerdings nicht so einfach, denn Windenergieanlagen und Photovoltaik folgen unterschiedlichen rechtlichen Vorgaben. Windenergieanlagen sind gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB) im Außenbereich privilegiert. Dies gilt für Photovoltaikanlagen nur sehr eingeschränkt in einem 200-Meter-Streifen längs von Autobahnen und Schienenwegen des übergeordneten Netzes (§ 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB). In der Regel setzt die Genehmigung einer Photovoltaikanlage im Außenbereich daher einen Bebauungsplan voraus.

 

Die Planung von Windenergieanlagen wird zudem durch die Raumordnung gesteuert. Windenergieanlagen sind zukünftig nur dann privilegiert, wenn sie in sogenannten „Windenergiegebieten“ liegen. Mit der Auswahl dieser Gebiete erfüllen die Bundesländer ihre Pflicht nach dem Windenergieflächenbedarfsgesetz, wonach sie einen prozentualen Anteil ihrer Landesfläche für die Windenergie an Land ausweisen müssen. Hierbei handelt es sich um Gebiete, in denen gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 1 Raumordnungsgesetz (ROG) andere raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen ausgeschlossen sind, soweit diese mit der vorrangigen Windenergienutzung nicht vereinbart werden können. Um diesen Vorrang auch gegenüber der kommunale Planungshoheit zu sichern, bestimmt zudem § 1 Abs. 4 BauGB, dass Bauleitpläne der Kommunen den Zielen der Raumordnung anzupassen sind.

 

Ob Photovoltaik mit der vorrangigen Windenergienutzung vereinbar ist, hat die Rechtsprechung bisher soweit ersichtlich nicht entschieden. In der Praxis gibt es vereinzelt Stimmen, die Photovoltaikanlagen in Vorranggebieten für die Windenergie als unzulässig ansehen. So hat beispielsweise die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern in ihren Hinweisen für die raumordnerische Bewertung und baurechtliche Beurteilung für  großflächige Photovoltaikanlagen im Außenbereich entsprechend Stellung bezogen. Ein solcher pauschaler Ausschluss dürfte indes nicht gerechtfertigt sein. Denn aufgrund der technisch erforderlichen Abstände zwischen Windenergieanlagen bleibt auch Raum für andere Nutzungen. Entscheidend ist, dass der Vorrang dauerhaft sichergestellt wird. Was dabei zu beachten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Meine Empfehlung

  • Kann auf einer Weißfläche geplant werden, lässt sich von vornherein in einem Parklayout definieren, wo die Standorte für Windenergieanlagen und die PV-Module liegen, die dann entsprechend im Bebauungsplan festgelegt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB i.V.m. § 23 Baunutzungsverordnung – BauNVO).

 

  • Stehen die Windenergieanlagen bereits, muss deren Repowering und eine mögliche Standortveränderung einkalkuliert werden. Für diesen Fall kommt – bezogen auf einzelne „Baufenster“ der Photovoltaikanlage – eine Befristung auf der Grundlage von § 9 Abs. 2 BauGB in Betracht. Danach kann im Bebauungsplan in besonderen Fällen u.a. festgesetzt werden, dass bestimmte bauliche und sonstige Nutzungen nur bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig sind.

 

  • Grundsätzlich sollten planerischen Details frühzeitig mit den zuständigen Behörden abgestimmt werden, um die Lösungswege zu adressieren.

Der Kopf hinter dem Beitrag.

Fachanwalt für Verwaltungsrecht Prof. Dr. Jan Thiele in der Kanzlei DOMBERT Rechtsanwaelte

Prof. Dr. Jan Thiele beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den rechtlichen Fragen der Energiewende und des Netzausbaus. Hier berät und vertritt er Energieversorgungsunternehmen und Netzbetreiber ebenso wie Gemeinden und Planungsverbände bei der Raumordnungs- und Flächennutzungsplanung, in energiewirtschaftlichen Planfeststellungsverfahren oder bei der Flächensicherung. Darüber hinaus wirkt Herr Dr. Thiele für die Kanzlei als Kooperationspartner des Vereins Klimaschutz-Unternehmen e. V.

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DOMBERT Rechtsanwälte

Unsere Tätigkeit umfasst alle Rechtsfragen und Konflikte, in denen der Staat, Kommunen oder Behörden beteiligt sind.