Windparkprojekt gescheitert: Was Grundstückseigentümer unternehmen können, wenn der Projektierer insolvent ist?

Mareike Thiele Protz

Blogbeitrag

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22.10.2025

Der Markt für Windkraft ist hart umkämpft, der Wettbewerbsdruck unter den Windkraftunternehmen hoch. Gerade musste die eno energy GmbH in Rostock Insolvenz anmelden. Ein harter Schlag für die Mitarbeiter und Geschäftspartner. Betroffen sind aber auch zahlreiche Eigentümer, die ihre Grundstücke dem Windkraftunternehmen zur Nutzung für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen zur Verfügung gestellt haben – in der Hoffnung auf eine langfristige, sichere Einnahmequelle.

 

Im Folgenden soll dargestellt werden, was Grundstückseigentümer beachten müssen, wenn der Projektierer insolvent wird. Können sie ihre Nutzungsverträge kündigen oder anderweitig beenden? Und welche Unterschiede bestehen je nachdem, ob das Insolvenzverfahren bereits eröffnet wurde oder nicht?

 

Will der Grundstückseigentümer seine Flächen einem Windkraftprojektierer zur Verfügung stellen, schließt er mit ihm einen schuldrechtlichen Vertrag über die Nutzung seines Grundstücks, der regelmäßig als Mietvertrag qualifiziert werden kann (BGH Az.: XII ZR 76/24 vom 12.03.2025). Dieser umfasst neben Bestimmungen zu Nutzungsumfang, -entgelt und Laufzeit zumeist auch Regelungen zur Kündigung des Vertrages. Sie müssen zunächst beachtet werden. Doch können sie bei Insolvenz des Projektierers auch durchgesetzt werden?

 

Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Hat der Projektierer bereits einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, aber das Verfahren selbst wurde noch nicht förmlich eröffnet, hängt es im Wesentlichen von den vom Gericht gemäß § 21 ff. InsO angeordneten vorläufigen Maßnahmen ab, ob und wie der Grundstückseigentümer den Nutzungsvertrag wirksam beenden kann. Dabei spielen Verfügungsbeschränkungen gegenüber dem Projektierer eine große Rolle. Da diese wie auch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters öffentlich bekannt zu machen sind, sollte der Grundstückseigentümer sich hierüber im ersten Schritt Klarheit verschaffen.

 

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Wenn das Insolvenzverfahren bereits förmlich eröffnet ist, gehen Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den Insolvenzverwalter über. Dies hat zur Folge, dass der Insolvenzverwalter gemäß § 103 InsO wählen kann, ob er den Nutzungsvertrag anstelle des Projektierers erfüllt oder nicht. Lehnt er ab, so bleibt dem Grundstückseigentümer im Grundsatz nur die Möglichkeit übrig, seine Forderung als Insolvenzgläubiger geltend zu machen.

 

Insoweit ist auch die in § 112 InsO normierte Kündigungssperre für Miet- und Pachtverhältnisse, die der Insolvenzschuldner als Mieter oder Pächter eingegangen ist, zu beachten. Diese Regelung schließt eine Kündigung durch den Vertragspartner des insolventen Mieters bzw. Pächters nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus bestimmten Gründen aus, beispielsweise wenn der Insolvenzschuldner bereits in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag mit den vereinbarten Zahlungen in Verzug war.

 

Es gibt allerdings auch Handlungsoptionen für den Grundstückseigentümer für den Fall, dass er sein Grundstück noch nicht dem Projektierer zur Nutzung überlassen hat. Kann der konkrete Nutzungsvertrag als Mietvertrag qualifiziert werden, greift die Sonderregelung des § 109 Abs. 2 InsO. Nach dieser Vorschrift kann, waren dem Schuldner der unbewegliche Gegenstand zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens noch nicht überlassen, sowohl der Verwalter als auch der andere Teil vom Vertrag zurücktreten. Zu welchem Zeitpunkt das Grundstück als überlassen gilt, hängt im Wesentlichen vom konkreten Inhalt des Nutzungsvertrags ab.

 

Unabhängig von einer möglichen Beendigung des schuldrechtlichen Nutzungsvertrages, sollten auf jeden Fall dingliche Rechte am Grundstück gelöscht werden, soweit sie bereits im Grundbuch eingetragen worden sind.

 

Mein Fazit

 

Grundsätzlich stellt die Insolvenz eines Windkraftprojektierers für den Grundstückseigentümer ein rechtlich sensibles Szenario dar, das erhebliche praktische Konsequenzen hat. Je nach Inhalt des Vertrags und Stand des Insolvenzverfahrens muss der Grundeigentümer unterschiedliche rechtliche Anforderungen beachten, die an die Beendigung des Vertrags gestellt werden. Nur wer die Unterschiede kennt, kann sich auch aus langjährigen Verträgen lösen und das Grundstück neu verwerten.

Der Kopf hinter dem Beitrag.

Mareike Thiele Protz befasst sich schwerpunktmäßig mit rechtlichen Fragen im Bereich der Erneuerbaren Energien sowie des Umwelt- und Planungsrechts. Sie begleitet internationale Vorhabenträger bundesweit bei der Vorbereitung und Durchführung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und sich gegebenenfalls anschließender Rechtsmittelverfahren.

Mareike Thiele Protz

DOMBERT Rechtsanwälte

Unsere Tätigkeit umfasst alle Rechtsfragen und Konflikte, in denen der Staat, Kommunen oder Behörden beteiligt sind.