Blogbeitrag
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15.05.2025
Ob ein politischer Kommentar auf Facebook, ein Like unter einem kontroversen Beitrag oder eine polemische Bemerkung auf einer Versammlung – das öffentliche Verhalten von Beamtinnen und Beamten, insbesondere in den sozialen Medien, rückt zunehmend in den Fokus rechtlicher Bewertungen und gesellschaftlicher Debatten. Dabei geht es nicht nur um Fragen der politischen Neutralität, sondern vor allem um mögliche Verstöße gegen die beamtenrechtlichen Dienstpflichten. Doch wo verläuft die Grenze zwischen zulässiger Meinungsäußerung und einer Verletzung der beamtenrechtlichen Verfassungstreuepflicht?
Die Verfassungstreuepflicht aus § 33 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (BeamtStG) verlangt von den Staatsdienern ein aktives Eintreten für die Prinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und eine klare Distanzierung von verfassungsfeindlichen Bestrebungen. Dies wirft für Dienstherren insbesondere Fragen auf, wie sie mit Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die Mitglied in der AfD sind, umgehen sollen.
Seit der Einstufung der AfD als rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz ist klar: Die Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei stellt ein Indiz für fehlende Verfassungstreue dar. Anders als bisher kann sie daher bereits ein Anhaltspunkt für ein Dienstvergehen sein. Dies ist jedoch im jeweiligen Einzelfall zu bewerten. Nach dem § 17 Abs. 1 Satz 1 Bundesdisziplinargesetz (BDG) ist der Dienstherr bei entsprechenden Hinweisen verpflichtet, ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Zuvor kann er in gewissen Grenzen Verwaltungsermittlungen veranlassen, um zu prüfen, ob Tatsachen vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Im Rahmen der Ermittlungen darf der Dienstherr sämtliche öffentliche Beiträge der Beamtinnen und Beamte – insbesondere in sozialen Medien – auswerten.
Grenzen zulässiger Äußerungen: Wann beginnt die Pflichtverletzung?
Ein Pflichtverstoß kann bereits dann vorliegen, wenn das Verhalten der Beamtinnen und Beamten objektiv den Eindruck vermittelt, dass er einem verfassungsfeindlichen Weltbild anhängt und er eine entsprechende innere Haltung erkennen lässt. Dabei ist nicht entscheidend, ob eine Äußerung nur als (schlechter) Scherz gemeint war. Vielmehr geht es darum, wie sie objektiv zu verstehen ist. Das gilt insbesondere für rassistische, nationalsozialistische oder rechtsextreme Inhalte, auch wenn diese in (vermeintlich) privaten Kommunikationskanälen geäußert werden. Bereits das Liken, Teilen oder Kommentieren verfassungsfeindlicher Inhalte kann Zweifel an der Verfassungstreue begründen. Dabei ist zu beachten, dass Beamtinnen und Beamte zwar grundrechtlich durch Art. 5 Abs. 1 GG in ihrer Meinungsfreiheit geschützt sind, diese jedoch im Spannungsverhältnis zu ihrer besonderen Dienst- und Treuepflicht steht. Die verfassungsrechtlich garantierte Meinungsäußerung findet dort ihre Grenze, wo durch das Verhalten Zweifel an der Verfassungstreue entstehen. Maßgeblich ist nicht die subjektive Intention der Äußerung, sondern ihr objektiver Aussagegehalt und die Wirkung in der Öffentlichkeit. Wer etwa rechtsextreme Positionen unterstützt oder sich nicht klar von verfassungsfeindlichen Bestrebungen distanziert, verlässt potenziell den Schutzbereich zulässiger Kritik und riskiert disziplinarrechtliche Konsequenzen.
Verantwortung tragen – Handlungsmöglichkeiten nutzen
Für den Dienstherrn ergibt sich daraus ein klares Handlungserfordernis: Um verfassungsfeindlichen Tendenzen im öffentlichen Dienst frühzeitig zu begegnen, ist eine erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Nur wenn betroffene Mitarbeitende, Vorgesetzte und Personalverantwortliche wissen, welche Äußerungen dienstrechtlich problematisch sein können und wie in Verdachtsfällen zu verfahren ist, kann rechtsstaatliches Verwaltungshandeln effektiv gesichert werden. Führungskräfte und Beschäftigte müssen verlässlich darüber informiert sein, welche Art von Äußerungen nicht mehr mit der beamtenrechtlichen Treuepflicht vereinbar sind. Dienstherrn obliegt es daher, durch verständliche Hinweise Orientierung zu schaffen. Dies kann etwa durch interne Handreichungen, regelmäßig aktualisierte Informationen zu rechtlichen Entwicklungen oder durch feste Ansprechpersonen für Rückfragen erfolgen. Eine solche proaktive Kommunikationsstrategie fördert nicht nur das Verständnis für die Reichweite der beamtenrechtlichen Verfassungstreuepflicht, sondern schafft zugleich ein Bewusstsein für die gemeinsame Verantwortung zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Vor diesem Hintergrund sind Behördenleitungen und Personalverantwortliche gut beraten, im Umgang mit verfassungsfeindlichen Tendenzen innerhalb der eigenen Verwaltung wachsam zu sein. Der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beginnt nicht erst im Gerichtssaal, sondern bei der konsequenten Durchsetzung dienstrechtlicher Treuepflichten im Alltag des öffentlichen Dienstes.
Meine Empfehlung
- Führungskräfte gezielt für die beamtenrechtlichen Implikationen äußerungsbezogener Pflichtverstöße sensibilisieren und durch interne Schulungsmaßnahmen ein Bewusstsein für die Grenzen zulässiger Meinungsäußerung
- In Verdachtsfällen strukturiert mögliche Pflichtverstöße dokumentieren. Auf dieser Grundlage muss der Dienstherr entscheiden, ob die Grenze zu einem verfassungstreuwidrigen Handeln überschritten und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens erforderlich ist.
- Ebenso essenziell ist der Aufbau einer transparenten und rechtssicheren Kommunikationskultur innerhalb der Verwaltung.
Der Kopf hinter dem Beitrag.

Kristina Dörnenburg ist Fachanwältin für Verwaltungsrecht und ist bundesweit für die öffentliche Hand mit Schwerpunkt im Beamtenrecht und allgemeinem Verwaltungsrecht tätig. Dabei berät und vertritt sie ihre Mandanten sowohl aus dem kommunalen Bereich als auch auf Landes- oder Bundesebene u.a. in Konkurrentenstreitigkeiten, in Zurruhesetzungs- oder Disziplinarverfahren sowie in weiteren Belangen des öffentlichen Dienstrechts. Nicht nur aufgrund einer Weiterbildung in Personalpsychologie betrachtet Kristina Dörnenburg die einzelnen Rechtsfragen nicht isoliert, sondern im Gesamtkontext der Verwaltung.